– Gemeinsam mit der ev.-luth. Kirchengemeinde Meiendorf-Oldenfelde lade ich sehr herzlich zu einer Gedenkveranstaltung für den Meiendorfer Carl Ebet ein, der ein Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft war –
Seit 1944 gilt der Meiendorfer Carl Ebet, der als KPD-Anhänger im Zweiten Weltkrieg im Bewährungsbataillon 999 zwangsrekrutiert war, als vermisst. Später wurde er für tot erklärt. Um an ihn als Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu erinnern, wurde aktuell vor seiner letzten bekannten Adresse in Meiendorf ein Stolperstein verlegt. Gestiftet wurde der Stein von der ev.-luth. Kirchengemeinde Meiendorf-Oldenfelde, die sich auf Initiative des Diakons Franz P. Sauerteig sowie des Kirchengemeinderatsmitglieds Dr. Ulrich Gantz sehr für die Verlegung engagiert hatte. Ich habe die Verlegung des Steins als Patin unterstützt.
Am Sonntag, den 29. August 2021, lade ich gemeinsam mit der ev.-luth. Kirchengemeinde Meiendorf-Oldenfelde zum Gedenken an Carl Ebet ein. Treffpunkt ist um 15 Uhr am Stolperstein von Carl Ebet in der Ringstraße 213, 22145 Hamburg. Anschließend findet in der Meiendorfer Rogate-Kirche, in Zusammenarbeit mit der Stadtteilschule Meiendorf und der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, eine Gedenkveranstaltung statt. Die Veranstaltung findet unter Beachtung der aktuellen Vorgaben der Corona_Eindämmungsverordnung statt.
Auf einer von Karin Heddinga von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme moderierten Podiumsdiskussion wird hier die Zeitzeugin Helga Roepert sprechen. Ihr Vater Otto Ernst Lang war ebenfalls im Bewährungsbataillon 999 zwangsrekrutiert und kam kurz vor Kriegsende ums Leben. Zudem wird in der Kirche eine Ausstellung zu Carl Ebets Leben gezeigt werden, die Schülerinnen und Schüler der Stadtteilschule Meiendorf unter der Leitung des Fachleiters Gesellschaft, Martin Karl, erarbeitet haben.
Zur Person Carl Ebets
Carl Friedrich Wilhelm Ebet (geboren am 3. März 1906) gilt seit 1944 als vermisst, nachdem er im Bewährungsbataillon 999 zwangsrekrutiert war. Zuletzt wohnte er gemeinsam mit seiner Frau Magdalena Ebet in der Ringstraße 213 in Meiendorf.
1934 wurde Carl Ebet verhaftet und angeklagt. Ihm wurde vorgeworfen, im Sommer 1933 den organisatorischen Zusammenhalt der KPD unterstützt und Ende 1933 mit anderen Kommunisten einen gesuchten KPD-Mann versteckt und zur Flucht verholfen zu haben. Er wurde zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt, die er, unter Anrechnung der 4,5 Monate Untersuchungshaft, zunächst im Gefängnis Fuhlsbüttel und später im Gefängnis Wolfenbüttel verbüßte. Von dort wurde er am 17. März 1935 entlassen.
Am 2. Februar 1943 wurde Carl Ebet für das Bewährungsbataillon 999 zwangsrekrutiert. Dem Bewährungsbataillon 999 gehörten zum überwiegenden Teil ehemalige politische Häftlinge an, die zunächst als „wehrunwürdig“ gegolten hatten. 1942 wurde die „Wehrunwürdigkeit“ jedoch für die Dauer des Krieges aufgehoben. Im Bewährungsbataillon 999 verliert sich Ebets Spur. Seit dem 19. Oktober 1944 gilt er als vermisst. Später wurde er für tot erklärt.
Zur Verlegung des Stolpersteins
Die Verlegung des Stolpersteins geht auf das besondere Engagement der ev.-luth. Kirchengemeinde Meiendorf-Oldenfelde zurück. Diakon Franz P. Sauerteig und Dr. Ulrich Gantz, Mitglied des Kirchengemeinderates, gaben den Impuls zur Verlegung des Steins, welche mit hoher Zustimmung seitens des Kirchengemeinderates unterstützt wurde. Gezahlt werden der Stolperstein und weitere damit verbundene Ausgaben aus Haushaltsmitteln der Kirchengemeinde.
Zur Podiusdiskussion in der Rogate-Kirche
Die Podiumsdiskussion findet zwischen der Zeitzeugin Helga Roepert und den anwesenden Bürgerinnen und Bürgern statt. Moderiert wird sie von Karin Heddinga von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Helga Roepert ist die Tochter des Sozialdemokraten Otto Ernst Lang, einem Hafenarbeiter, der 1935 wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt wurde und kurz vor Kriegsende als Angehöriger des Bewährungsbataillons 999 ums Leben kam. Ein Stolperstein zu seinem Gedenken liegt in Hamburg-Mitte auf der Veddel vor der Anschrift Am Gleise 8, 20539 Hamburg. Weitere Informationen zu Otto Ernst Lang finden Sie hier.
Im Rahmen des Kurses „Historisches Forschen in Meiendorf“ haben sich die Schülerinnen und Schüler der Stadtteilschule Meiendorf unter der Leitung des Fachleiters Gesellschaft Martin Karl aktuell mit dem Thema Nationalsozialismus und dem Schicksal Carl Ebets auseinandergesetzt. Die Ergebnisse ihrer Recherche werden in der Rogate-Kirche ausgestellt und können auch über die Veranstaltung hinaus hier besichtigt werden.
Carl Ebet war aufgrund seiner politischen Überzeugung verfolgt, wodurch auch seine Ehefrau Entbehrungen und Diskriminierungen erleiden musste.
Die Ehefrau: Magdalena Ebet
Magdalena Ebet, geb. Lagerein, geb. 12.03.1900, war SPD-Mitglied von 1916 bis 1933 und wieder ab 1946. Gemeinsam mit ihrem Mann führte sie ein Fischgeschäft. Durch die Inhaftierung ihre Mannes und den späteren Einzug ins Bewährungsbattsilon 999 wurde das Fischgeschäft von der NSDAP beschlagnahmt und einem aktivistischen Parteigänger namens August P. übergeben. Sie musste ihre Ersparnisse fortan für den Lebensunterhalt aufbrauchen und mit wenig zurecht kommen. Irgendeine Unterstützung wurde ihr nicht gewährt.
1943 wurde Frau Ebet wegen Diebstahls von Seife, Tabak und anderen Kleinstwaren zu einer Gefängnisstrafe von 6 Monaten verurteilt und inhaftiert. Nach Kriegsende versuchte Magdalena Ebet das Fischgeschäft zurück zu erhalten. Das gestaltete sich schwierig, denn die Behörden verwiesen 1946 auf ihren Ehemann. Dieser könne die Rückübergabe beantragen, wenn er zurück aus der Gefangenschaft sei. Mit ihrer Beharrlichkeit gelang es ihr aber dennoch und sie erhielt 1948 das Fischgeschäft als Treuhänderin für ihren Mann zurück. August P. musste das Geschäft räumen und ihm wurde jede Geschäftstätigkeit von der Militärregierung untersagt, wenn diese in Konkurrenz zu Frau Ebets Geschäften stünde. Er hielt sich aber nicht daran und sorgte zudem mit Gerüchten für erhebliche Umsatzeinbußen beim Fischgeschäft Ebet. So soll die Verlegung des Stolpersteins für Carl Ebet auch stellvertretend ein Gedenken für die Leiden seiner Familie sowie aller Opfer nationalsozialistischer Gewaltherrschaft sein.