Stellungnahme der Behörde zur geplanten Flüchtlingsunterkunft in der Stargader Straße

Zur geplanten Flüchtlingsunterkunft von unbegleiteten, minderjährigen Kindern und Jugendlichen, folgende Stellungnahme der Behörde für Arbeit, Soziale, Familie und Integration (BASFI) vom 16./18.06.2015:
Geplante Erstversorgungseinrichtung Stargarder Straße Offener Brief der Bürgerinitiative Oldenfelde
1. Sachverhalt
Die Bürgerinitiative wendet sich gegen die geplante Einrichtung mit folgenden Argumenten:
– Das Areal sei eigentlich nicht bebaubar (Umspannwerk/ehemalige Mülldeponie/Über-schwemmungsgebiet).
– Die Möglichkeit Osterfeuer, Laternenumzüge, Zirkusveranstaltungen und Kinderfeste zu veranstalten, würde beeinträchtigt.
– Für den nahegelegenen Kleingartenpark seien Probleme zu erwarten.
– Der Schulweg zur Erich-Kästner-Gesamtschule führe in der Nähe vorbei.
– Die Nutzung des Grünzugs „erner Au“ für Jogger, Spaziergänger und Kinder sei be-einträchtigt.
– Mit dieser Einrichtung kämen 20% der im Jahr aufgenommenen UMF nach Oldenfelde.
– Es gibt schon viele andere Flüchtlinge in der Nähe (Farmsen I und II, Bargteheider Str.).
2. Stellungnahme
Der Landesbetrieb Erziehung und Beratung (LEB) beabsichtigt, auf einem ungenutzten Grundstücksteil in der Stargarder Straße vor der Einmündung in den Berner Heerweg drei Modulhäuser mit insgesamt 48 Plätzen als Erstversorgungseinrichtung für minderjährige Flüchtlinge zu errichten. Zurzeit läuft ein Anhörverfahren nach § 28 BezVG. Am 17.6.2015 führt der Landesbetrieb Erziehung und Beratung eine Informationsveranstaltung durch, auf die sich die Bürgerinitiative offenbar vorbereitet hat.
a) Hinsichtlich der Bebaubarkeit trifft es zu, dass das Grundstück normalerweise für Wohnungsbau nicht nutzbar ist. Allerdings wird die Einrichtung wegen der großen Not bei der Suche nach Unterbringungsplätzen für minderjährige Flüchtlinge nach dem Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG) errichtet. Und für Notfälle gelten andere Maßstäbe. Umgekehrt bedeutet das allerdings auch: Wenn die Not vorbei ist, kann die Nutzung nicht fortgesetzt werden, d.h. die Modulhäuser wür-den wieder abgebaut werden. Wann das der Fall ist, kann zurzeit nicht genau vorher-gesehen werden. Vor 2017 ist damit eher nicht zu rechnen.
b) Die Beeinträchtigungs-Argumente unterstellen, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge grundsätzlich gefährliche Mitbewohner sind. Denn der schlichte Platzverbrauch der drei Modulhäuser beeinträchtigt den Zugang und die Nutzung der Grünanlagen und Wege in keiner Weise. Für Osterfeuer, Laternenumzüge, Zirkusveranstaltungen und Kinderfeste ist nach wie vor genügend Platz vorhanden.
Jogger können joggen, Spaziergänger können spazieren gehen und Schulkinder können zur Schule gehen. Wahrscheinlich wird auch ein großer Teil der minderjährige Flüchtlinge den Schulweg benutzen, denn auch sie gehen nach dem Besuch einer Internationalen Vorbereitungsklasse (IVK) zur Schule.
Zur Sorge der Anwohner, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge grundsätzlich kriminell sind und Gartenlauben aufbrechen: Unter den minderjährige Flüchtlingen gibt es – ebenso wie unter einheimischen Jugendlichen – auch solche, die Straftaten begehen. Mit dem Schlagwort „Feuerbergstraße“ wird auf die zeitweilig erheblichen Probleme mit minderjährigen Flüchtlingen aus Nordafrika angespielt. Die problematischen Fälle sind jedoch bekanntlich seit einiger Zeit am Bullerdeich untergebracht und würden nicht in der neuen Erstversorgungseinrichtung in Oldenfelde wohnen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass wir zzt. mehr als 1.600 minderjährige Flüchtlinge in der Stadt haben, von denen wir uns um rund 30 intensiver kümmern müssen (und es auch tun), weil sie in erheblicher Weise auffällig sind. Was umgekehrt heißt: Die allermeisten minderjährigen Flüchtlinge sind keine „Problemfälle“.
c) Die Unterstellung, es würden 20% der im Jahr aufgenommenen minderjährige Flüchtlinge nach Oldenfelde kommen, ist unzutreffend. Wir erwarten in diesem Jahr rund 1.750 Inobhutnahmen, davon minderjährig nach Altersfeststellung 1.300. Bezogen darauf machen die 48 Plätze in der Stargarder Straße 2,7 bzw. 3,7 % aus. 48 Plätze würden zurzeit nicht einmal ausreichen um die neu ankommenden minderjährigen Flüchtlinge von zwei Wochenenden (da haben wir im Moment jeweils um die 40) unterzubringen. Der Wunsch der Bürgerinitiative, die Flüchtlinge woanders unterzubringen, ist insoweit unrealistisch. Wenn es ein „woanders“ in der Stadt gibt, dann wäre es keine Alternative, sondern es wäre ein Standort der zusätzlich in Anspruch genommen werden muss, weil wir insgesamt trotz der Stargarder Straße immer noch zuwenig Plätze für minderjährige Flüchtlinge haben.