Senat stellt bei seinen Haushaltsberatungen Weichen zur Sicherung der Handlungsfähigkeit der Stadt trotz Corona-Krise und geringerer Steuereinnahmen
Der Senat hat bei seinen Haushaltsberatungen richtungsweisende Entscheidungen für den Haushaltsplan 2021/2022 und die Finanzplanungsjahre bis 2024 getroffen. Der Fokus der Finanzpolitik wird in den kommenden Jahren auf die Bewältigung der Corona-Krise und ihrer insbesondere wirtschaftlichen Folgen ausgerichtet sein. Die Schuldenbremse wird dabei mit ihren Sondertatbeständen weiter eingehalten. Insgesamt steigt der geplante Gesamtaufwand von 17,3 Mrd. Euro im Jahr 2020 auf ca. 18,1 Mrd. Euro im Jahr 2021 und sinkt anschließend auf ca. 17,6 Mrd. Euro im Jahr 2022. Dies resultiert aus der Entwicklung des Steuertrends und aus den notsituatonsbedingten Ermächtigungen des Covid-19-Notsituationsgegsetz (CNG). Sie macht das Ausmaß der finanzpolitischen Anstrengungen deutlich, mit denen der Senat Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen angesichts der Krise unterstützt. Um einen Beitrag zur verlässlichen städtischen Investitionstätigkeit auch in Krisenzeiten und zur Konjunkturerholung zu leisten, soll auch die Investitionstätigkeit weiter deutlich verstärkt werden. Von 1,7 Mrd. Euro im Jahr 2020 sollen die Investitionen bis 2024 auf ca. 2,5 Mrd. Euro pro Jahr anwachsen.
Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher: „Der Senat stellt den Doppelhaushalt 2021/2022 unter schwierigen Rahmenbedingungen auf. Trotz der Corona-bedingten Steuermindereinnahmen werden wir die Schwerpunkte des Regierungsprogramms konsequent weiter verfolgen. Hierzu gehören erhebliche Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, die Digitalisierung und den Schulbau, die zugleich wichtige konjunkturelle Wachstumsimpulse für die Krisenbewältigung darstellen. Für die Umsetzung der Maßnahmen des Klimaplans werden erhebliche Haushaltsmittel eingeplant. Die Stärkung von Kindertagesbetreuung, Bildung und Wissenschaft wird fortgeführt.“
Finanzsenator Dr. Andreas Dressel: „Wir wollen gerade in der sich aktuell zuspitzenden Corona-Lage weiterhin nicht gegen die Krise ansparen. Deshalb haben wir für unsere Stadt sehr einvernehmlich einen verantwortungsvollen Weg zwischen Krisenbewältigung und Zukunftsgestaltung für die beiden kommenden Haushaltsjahre skizziert. Getreu dem Motto, dass die Investitionen von heute die Steuereinnahmen von morgen sind, haben wir mit rund 900 Millionen Euro ein sehr umfassendes Wirtschaftsstabilisierungsprogramm auf den Weg gebracht, das in wichtigen Zukunftsthemen städtische Maßnahmen mit Konjunkturwirkung gezielt vorziehen und möglich machen wird. Gerade jetzt ist wichtig, dass die Stadt verlässlicher Investor bleibt. Da ist es ein ganz wichtiges Signal, dass es uns in den kommenden Jahren trotz geringerer Spielräume bei den laufenden Aufwendungen gelingen wird, das Investitionsniveau auf fast 2,5 Mrd. Euro zu steigern. Bei aller notwendigen Investitionsbereitschaft muss es gleichwohl darum gehen, auch in Krisenzeiten den Hamburger Weg vorsorgender und solider Finanzpolitik nicht zu verlassen. Ab 2022 werden wir den niedrigeren Steuertrend abbilden und umsetzen müssen. Am Abbau des doppischen Defizits halten wir auch in dieser Lage fest. Und wir stellen uns auf den Beginn der Tilgung der Corona-Notkredite ab 2025 ein. Investieren und Konsolidieren bleiben deshalb auch in der Krise unsere Leitplanken.“
Vorsorge für weitere Corona-Krisenbewältigung getroffen und Wirtschaftsstabilisierungsprogramm mit fast 900 Mio. Euro aufgelegt
Die für die Bekämpfung der Pandemie und ihrer wirtschaftlichen und sozialen Folgen notwendigen Ermächtigungen wurden mit dem Covid-19-Notsituationsgegsetz (CNG) geschaffen. Die Bürgerschaft hat bereits im April festgestellt, dass die Covid-19-Pandemie eine Naturkatastrophe und die Beeinträchtigung der Wirtschaftskreisläufe eine außergewöhnliche Notsituation darstellen und darauf aufbauend das CNG beschlossen. Nach der Erhöhung der Notkreditaufnahme und der Verlängerung des Zeitraums bis 2022 wird auf dieser Grundlage in den kommenden beiden Jahren zusätzlicher Aufwand in Höhe von 1,2 Mrd. Euro (2021) und 700 Mio. Euro (2022) geplant. Aus diesen Mitteln, die ausschließlich zur Bekämpfung der Krise und ihrer Folgen genutzt werden dürfen, wird neben Maßnahmen der direkten Corona-Krisenbekämpfung (z.B. im öffentlichen Gesundheitsdienst oder für Corona-bedingte Einnahmeverluste der öffentlichen Unternehmen) insbesondere das neu aufgelegte Hamburger Wirtschaftsstabilisierungsprogramm (HWSP) finanziert, dessen Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft, zur Ankurbelung der Nachfrage und zur Stärkung von Investitions- und Innovationsfähigkeit unmittelbar beitragen sollen.
Mit dem HWSP sollen in den Jahren 2021 und 2022 insgesamt knapp 900 Mio. Euro in diverse kurzfristig wirksame bzw. vorgezogene, die Wirtschaft stabilisierende Maßnahmen gelenkt werden. Im Mittelpunkt des Programms stehen insbesondere die wichtigen Zukunftsthemen Klimaschutz, Mobilitätswende, Digitalisierung, Forschung, Bildung und Innovation. Die Mittel sollen daher insbesondere für konjunkturell wirksame Maßnahmen der Sanierung und des Ausbaus der städtischen Infrastruktur (z.B. in Schulen, Hochschulen, im Sport oder den Bezirken), für IT- und Digitalisierungsprojekte, für Klimaschutzmaßnahmen sowie für Förderungen in den Bereichen Gesundheit und Arbeitsmarkt, aber auch Kultur und Tourismus eingesetzt werden. Insbesondere die Ko-Finanzierung von aktuellen, ebenfalls der Krisenbewältigung dienenden Bundesprogrammen soll durch das Wirtschaftsstabilisierungsprogramm sichergestellt werden.
Gelungen ist in dem Kontext auch, das Wirtschaftsstabilisierungsprogramm für einen starken Konjunkturimpuls im Bereich von Klimaschutz und Mobilitätswende zu nutzen. Zusammen mit den bisher bereits vorgesehenen knapp 6 Mio. Euro und einer Investitionsreserve für Klimaplanmaßnahmen können in der Laufzeit des Doppelhaushalts 2021/2022 rd. 100 Mio. Euro für Maßnahmen rund um den Klimaplan bereitgestellt werden, unter anderem je 30 Mio. Euro für die weitere Ausfinanzierung des Klimaplans.
Mit Hochdruck soll weiter in den Radwegeausbau und die Angebotsoffensive beim Öffentlichen Nahverkehr investiert werden, was gerade in Corona-Zeiten für eine klimagerechte Mobilität unter Pandemiebedingungen besonders wichtig ist. Insgesamt 90 Mio. Euro werden dafür 2021/2022 jeweils zusätzlich zur Verfügung gestellt. Zusammen mit den Maßnahmen von energetischer Sanierung/Neubau an Schulen (über 70 Mio. Euro 2021/22), dem Projekt Landstrom (rd. 33 Mio. Euro in 2021/22) sowie Planungs-, Bau- und Ansparmaßnahmen für den Schnellbahnausbau (über 800 Mio. Euro 2021/22) fließen damit über 1,2 Mrd. Euro in Klimaschutz und klimagerechte Mobilität im kommenden Doppelhaushalt.
Auch jenseits der Corona-Sonderbedarfe und Notkredit-Mittel konnte im Verlauf der Haushaltsverhandlungen erreicht werden, unter Einhaltung der haushaltsrechtlichen Vorgaben (Schuldenbremse und Abbau Doppisches Defizit) im Vergleich zur bisherigen Finanzplanung bereits zusätzliche Mittel in Höhe von rund 430 Mio. Euro für das Jahr 2021 und rund 530 Mio. Euro für das Jahr 2022 in die Einzelpläne der Ressorts zu geben. Dabei wurden insbesondere der Tarifabschluss sowie die Besoldungsanpassung, aber auch eine Vielzahl an fachpolitischen Notwendigkeiten aller Ressorts berücksichtigt.
Vorsichtsprinzip für die Veranschlagung, niedrigerer Steuertrend ab 2022
Der Senat richtet die Veranschlagung des Aufwands weiterhin am langjährigen Trend der Steuererträge und nicht an den Erwartungen der aktuellen Steuerschätzung aus. Anders als in den vorangegangen Haushaltsjahren liegen die erwarteten Steuereinnahmen aufgrund der Covid-19-Pandemie nunmehr deutlich unter dem bisherigen langjährigen Steuertrend. Entsprechend erlaubt es die Hamburgische Verfassung, in den kommenden Jahren die bilanzielle Konjunkturposition, die die FHH in den zurückliegenden Jahren hoher Steuererträge (mit über 4,2 Mrd. Euro) aufgebaut hat, abzubauen und einen konjunkturbedingten Fehlbetrag zu planen.
Da der Steuertrend angesichts der Corona-Krise absehbar niedriger wird (insgesamt beträgt der Einbruch fast 5 Mrd. Euro auf den Planungszeitraum), plant der Senat dem Vorsichtsprinzip folgend eine entsprechende Vorsorge für konjunkturelle Risiken ab dem Jahr 2022. Über erhöhte sogenannte Globale Minderkosten werden ab 2022 die Behörden entsprechend ihres Budgetanteils einen vertretbaren, strukturellen Beitrag zu diesem um rund 250 Mio. Euro abgesenkten Ausgaberahmen ersteuern müssen.
Mit den sinkenden Steuereinnahmen und den Anstrengungen zur Bekämpfung der Krise geht eine erhöhte planerische Kreditaufnahme einher: So plant der Senat für das Jahr 2021 eine Nettokreditaufnahme von ca. 2,43 Mrd. Euro (davon konjunkturell bedingt: ca. 1.23 Mrd. Euro; notsituationsbedingt: 1,2 Mrd. Euro) und für das Jahr 2022 eine Nettokreditaufnahme von ca. 1,67 Mrd. Euro (davon konjunkturell bedingt: ca. 970 Mio. Euro; notsituationsbedingt: 700 Mio. Euro).
Auf Grundlage der Senatsberatungen werden die Behörden und Ämter den Haushaltsplan-Entwurf nunmehr abschließend konkretisieren. Die Finanzbehörde wird dem Senat den Haushaltsplan-Entwurf nach den vereinbarten letzten Überarbeitungen zur finalen Beschlussfassung vorlegen. Der Haushaltsplan-Entwurf 2021/22 soll zum Jahresende 2020 die Bürgerschaft erreichen, so dass Anfang 2021 mit den parlamentarischen Haushaltsberatungen begonnen werden kann.
Der Senat beantragt vor diesem Hintergrund bei der Bürgerschaft, ihn zur sogenannten vorläufigen Haushaltsführung bis zur endgültigen Verabschiedung des Etats zu ermächtigen. Er ist dann berechtigt, in dieser Phase alle Kosten zu verursachen und Auszahlungen zu leisten, die nötig sind, um bestehende Einrichtungen zu erhalten und beschlossene Maßnahmen durchzuführen, die rechtlich begründeten Verpflichtungen der FHH zu erfüllen, Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen fortzusetzen oder Beihilfen für diese Zwecke weiter zu gewähren, sofern durch den Haushaltsplan des Vorjahres bereits Mittel bewilligt waren. Neue Maßnahmen sind während der vorläufigen Haushaltsführung nur zulässig, wenn sie unabweisbar sind, d.h. wenn der Bedarf nicht bis zum Beschluss über den Haushaltsplan zurückgestellt werden kann oder wenn unverhältnismäßiger Schaden bei Nichtleistung entstehen würde.
Quelle: Senat der Freien und Handelsstadt Hamburg