Zahlreiche Rahlstedterinnen und Rahlstedter waren vergangenen Samstag der Einladung zum Podiumsgespräch „NS-Opfer am Höltigbaum“ in der Stadtteilschule Oldenfelde gefolgt, zu dem ich gemeinsam mit dem KulturWerk Rahlstedt, dem Rahlstedter Kulturverein, dem Stadtteilzentrum Rahlstedt, der Stadtteilschule Oldenfelde sowie weiteren Engagierten eingeladen hatte.
Nach einer Gedenkstunde am Stolperstein Anfang des Monats war dies die zweite große Veranstaltung, auf der am Beispiel des Hamburgers Hans Müller an das Schicksal der mindestens 330 Wehrmachtsangehörigen sowie Kriegsgefangenen erinnert wurde, die in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs an den Schießständen im Rahlstedter Höltigbaum erschossen wurden. Hans Müller war im März 1942 als „Wehrkraftzersetzer“ hingerichtet worden. Im Frühjahr dieses Jahres wurde am Höltigbaum ein Stolperstein für ihn gesetzt, für den ich die Patenschaft übernommen habe.
Auf der Veranstaltung folgte einem berührenden Grußwort des Schulleiters Martin Homp ein Gespräch zwischen Schülerinnen und Schülern der Stadtteilschule sowie Wolfgang Kopitzsch, dem Bundes- und Landesvorsitzenden des Arbeitskreises ehemals verfolgter und inhaftierter Sozialdemokraten (AvS). Die AVS hatte die Verlegung des Stolpersteins für Hans Müller initiiert, da er beziehungsweise seine Familie der Sozialdemokratie mit großer Wahrscheinlichkeit Nahe stand. Begleitet wurde die Veranstaltung vom Chor der Stadtteilschule Oldenfelde unter der Leitung von Julia Niemann sowie einer Schülerin am Klavier.
Ich habe mich sehr gefreut, dass wir auf der Veranstaltung sowie in den Monaten zuvor mit jüngeren und älteren Menschen hier aus Rahlstedt so intensiv über die dunkle Vergangenheit unseres Stadtteils ins Gespräch gekommen sind. Denn es ist immer wieder wichtig, dass gerade junge Menschen erfahren, was in der Zeit des Nationalsozialismus passiert ist – und das auch konkret bei uns vor Ort.
Gemeinsam mit den Akteuren im Stadtteil haben wir in den vergangenen Monaten die Verlegung des Stolpersteins tatkräftig vorbereitet und uns dafür stark gemacht, dass durch verschiedene Veranstaltungen breit an Hans Müller und an das Schicksal der NS-Opfer am Höltigbaum erinnert wird. Zudem haben Schülerinnen und Schüler der Stadtteilschule Oldenfelde gemeinsam mit ihrem Geschichtslehrer Jörn Nissen in einem Schulprojekt das Schicksal Hans Müllers und seiner Familie rekonstruiert sowie zum Strafbestand „Zersetzung der Wehrkraft“ und zum ehemaligen Schießplatz Höltigbaum geforscht. Ihre Ergebnisse wurden auf den Veranstaltungen sowie in einer Plakatausstellung im KulturWerk vorgestellt.
Zum Hintergrund:
Hans Müller wurde 1920 in Hamburg geboren, sein Stiefvater stand als Angestellter der Baugewerkschaft vermutlich der SPD nahe. Zunächst arbeitete Hans Müller als Artist im Circus Krone, später als Kraftfahrer für das Universitätsklinikum Eppendorf. Seit seiner Einberufung in die Wehrmacht 1940 wurde er als Funker eingesetzt. Im Februar 1942 wurde Hans Müller vom Kriegsgericht wegen „Zersetzung der Wehrkraft“ zum Tode verurteilt und am 6. März 1942 am Schießplatz Höltigbaum erschossen. Hans Müller war mit Margot Müller (geborene Sietz) verheiratet. Das Paar hatte zwei Kinder: Hannelore (geboren 1940) und Peter (geboren 1941).
Am Höltigbaum befand sich in der Zeit des Nationalsozialismus ein Truppenübungsplatz mit Schießständen. In den letzten Jahren des zweiten Weltkriegs wurden hier mindestens 330 Wehrmachstangehörige sowie Kriegsgefangene erschossen. Seit 2003 erinnert in der Straße Neuer Höltigbaum/ Ecke Sieker Landstraße eine Gedenktafel an die Opfer. 2015 wurde zudem einige Meter entfernt eine Informationsstele aufgestellt. Auf Antrag der Fraktionen von SPD und Grünen hat der Regionalausschuss Rahlstedt aktuell beschlossen, dass der Erinnerungsplatz zeitgemäß gestaltet und für die breite Öffentlichkeit sichtbarer gemacht werden soll.