Schulsenator Ties Rabe hat den dritten Bericht über die Entwicklung des Ganztagsschulangebots in Hamburg vorgelegt. Rabe: „Fast 85 Prozent aller Grundschülerinnen und -schüler bleiben nachmittags in der Schule. Damit ist Hamburg bundesweit Spitzenreiter. Experten haben im letzten Schuljahr zum dritten Mal alle 204 Grundschulen besucht und die Ganztagsangebote geprüft. Es zeigt sich: Die Kantinensituation konnte weiter verbessert werden. Nach wie vor gibt es eine gute Personalausstattung und kleine Gruppen mit durchschnittlich 14 Kindern, wenn auch mit erheblichen Unterschieden. Bei den Freizeitangeboten sind Sport- und Bastelkurse am beliebtesten. Auffällig sind sehr unterschiedliche Konzepte für die Schulaufgaben. Mein ausdrücklicher Dank gilt allen Beteiligten der Schulen und der Träger der Freien Kinder- und Jugendhilfe, die das attraktive Ganztagsangebot gestalten.“
Die Teilnahmequote für den Ganztag liegt im aktuellen Schuljahr bei 84,6 Prozent – ein neuer Höchststand. Bis zum Schuljahr 2011/12 waren lediglich 53 der 204 staatlichen Hamburger Grundschulen Ganztagsschulen. In nur drei Jahren wurden bis zum Schuljahr 2014/15 alle weiteren Grundschulen ausgebaut. Inzwischen gibt es an jeder Hamburger Grundschule für alle Kinder die Möglichkeit, kostenlos bis um 16 Uhr in der Schule zu spielen und zu lernen. Darüber hinaus werden an den meisten Schulen zusätzliche Früh- und Spätbetreuungen vor 8 Uhr beziehungsweise nach 16 Uhr sowie eine Ferienbetreuung gegen eine geringe Gebühr angeboten.
In 126 Schulen organisiert ein Träger als Partner das Nachmittagsangebot in der Schule (Modell „Ganztägige Bildung und Betreuung an Schulen – GBS“), 78 Schulen organisieren das Nachmittagsangebot in Eigenregie (Modell Ganztagsschule „GTS“). GBS-Schulen bieten immer ein offenes Ganztagsangebot mit freiwilliger Teilnahme. Bei den GTS-Schulen gibt es neben dem offenen auch so genannte voll- und teilweise gebundene Ganztagsschulen, bei denen auch am Nachmittag regulärer Unterricht als Pflichtangebot stattfinden kann. Über die Form der Ganztagsschule sowie über pädagogische Konzepte entscheidet die Schulkonferenz einer Schule, in der Lehrkräfte, Schulleitungen und Eltern vertreten sind.
Sport, Handwerk und Kunst sind die beliebtesten Kurse am Nachmittag
Nachmittags betreut eine pädagogische Kraft in der Regel eine Gruppe mit durchschnittlich rund 14 Kindern. Die tatsächliche Gruppengröße schwankt erheblich. So stehen beispielsweise sehr kleinen Deutsch- und Fremdsprachkursen mit rund elf Kindern oft deutlich größere Spiel- und Bewegungskurse gegenüber mit durchschnittlich rund 21 Kindern. Die meisten Bildungs- und Freizeitangebote am Nachmittag gibt es in den Kategorien „Sport“ sowie „Handwerk, Kunst und kreatives Gestalten“. Hier gibt es Angebote an fast allen Schulen (99 Prozent). Es folgen die Bereiche „Freies Spiel und offenes Angebot“ (92 Prozent), „Musik“ (91 Prozent) und „forschendes Lernen/Experimentieren/Natur“ (86 Prozent). Zusätzlich nutzen Schulen den Nachmittag, um Kinder besonders zu fördern, beispielsweise mit Lern- oder Sprachförderung.
Große Unterschiede bei den Schulaufgaben
Bei der Gestaltung von Schulaufgaben und zusätzlichen Lernzeiten zeigen sich große Unterschiede. Zwar können die Kinder an über 90 Prozent aller Schulen nachmittags Schulaufgaben erledigen. Fest organisierte Angebote mit pädagogisch betreuten Zeiten in Kombination mit klassischen Schulaufgaben gibt es nachmittags jedoch nur an dreiviertel aller GBS-Schulen und nur 47 Prozent der GTS-Schulen. Schulsenator Ties Rabe: „Schulaufgaben sind wichtig, um das im Unterricht Gelernte zu wiederholen und einzuüben. Sie sind eng mit dem Unterricht zu verbinden, müssen gut vorbereitet und hinterher im Unterricht besprochen werden. Schulaufgaben sollen Kinder nicht überfordern, aber ohne Schulaufgaben können und können unsere Kinder nicht genug lernen. Am besten ist es, wenn in allen Schulen die Schulaufgaben nachmittags im Ganztag erledigt werden können. Hier gibt es noch Handlungsbedarf.“
Vom Unterrichtsraum zum Lebensraum
Mit der Einführung des Ganztags haben sich die Schulen vom reinen Lernort zu einem Lebensraum gewandelt. Fast alle Schulen legen bei ihrer Raumkonzeption deswegen einen Schwerpunkt auf die Gestaltung von Räumen für „Ruhe und Rückzug“ (92 Prozent aller Schulen). Ähnlich sieht es bei Räumen für Bewegung und Spiel aus: Rund drei Viertel aller Schulen haben hier einen Schwerpunkt definiert. Die gemeinsame Arbeit am Raumkonzept nehmen viele Schulgemeinschaften als positiv und kooperationsfördernd wahr. Vielfach wurden spezielle Arbeitsgruppen gegründet, in denen auch Eltern und Schülerinnen und Schüler mitarbeiten und ihre Wünsche und Bedürfnisse einbringen.
Kinder gestalten mit
In vielen Schulen können die Kinder über das Nachmittagsangebot mitbestimmen. Klassenrat und Kinderkonferenz sind allgemein etabliert und bilden die Basis für die Partizipation. Die Nachmittagsangebote sind fast immer kostenlos. Werden in Ausnahmefällen Beiträge erhoben, sorgen die Schulen und Träger in aller Regel dafür, dass die Angebote durch Mittel des Bildungs- und Teilhabepaketes des Bundes (BuT) oder über den Schulverein getragen werden und so allen offen stehen.
Kantinen und Mittagessen verbessert
Mittlerweile verfügen 81 Prozent (2015: 73 Prozent) aller Schulen über eine voll ausgestattete Mensa mit einem großen Speiseraum. In den anderen Fällen werden meistens die Aula oder die Pausenhalle als Speisesaal genutzt. Fast alle Schulen bieten inzwischen mindestens viermal die Woche Rohkost an. Ein tägliches Rohkostangebot ist an 90 Prozent der GBS-Schulen und 83 Prozent der GTS-Schulen Standard. Steigende Schülerzahlen stellen die Standorte vor neue Herausforderungen. Deshalb essen die Schülerinnen und Schülern jetzt öfter in zeitlich gestaffelten „Schichten“. An über 50 Prozent aller Standorte gibt es ein 3-Schichten-System. Eine Reihe von Schulen bietet ein „Free-Flow-System“ ohne feste Schichteneinteilung an. Diese Schulen berichten, dass sich die Situation entzerrt und auch die Lärmbelastung in den Essensräumen nachgelassen hat. Rund 91 Prozent aller Schulen geben den Schülerinnen und Schülern im Schnitt mehr als eine halbe Stunde Zeit für das Essen. In knapp neun Prozent aller Schulen liegt die Essenszeit aber bei nur knapp 20 Minuten.
Kooperation und Austausch funktionieren gut
Beim Bereich „Kooperation und Austausch“ galt das Augenmerk der Besuche insbesondere der Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften, Erzieherinnen bzw. Erziehern und anderen Fachkräften. Das gilt sowohl innerhalb des Teams an einer GTS-Schule als auch hinsichtlich der Zusammenarbeit zwischen dem Schulkollegium und dem Kollegium des Kooperationspartners bzw. Dienstleisters. An den meisten Standorten wird die gute Zusammenarbeit positiv hervorgehoben und es existieren gut funktionierende Kommunikationsstrukturen. Viele Standorte haben zudem mit Mitteilungsbüchern sehr gute Erfahrungen gemacht. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Kooperation zwischen Schulen und Trägern der freien Jugendhilfe im Ganztag weiter gewachsen ist und auch für andere Bundesländer als Erfolgsmodell gelten kann. Ein Beispiel ist der Wandel vom Lehrerzimmer ins Mitarbeiterzimmer, in dem sich beide Teams begegnen können. Dies war noch vor wenigen Jahren an manchen Standorten undenkbar.
Der vollständige Bericht steht unter www.hamburg.de/ganztagsschule zum Download bereit.
Quelle: Behörde für Schule und Berufsbildung
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