Schulsenator Ties Rabe will an den Hamburger Grundschulen Schulassistenzen im Rahmen eines freiwilligen sozialen Jahres einrichten. Die schulischen Assistenzen sollen Schulleitungen, Lehrkräfte, pädagogischen Fachkräfte und Schulbegleitungen in ihrer täglichen Arbeit unterstützen.
Ties Rabe: „Seit Jahrzehnten haben soziale Einrichtungen wie Krankenhäuser und Altenpflegeheime beste Erfahrungen mit jungen Menschen gemacht, die früher im Rahmen des Zivildienstes, heute im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes oder des Freiwilligen Sozialen Jahres (FsJ) gute Arbeit leisten. Ich möchte, dass dies künftig auch an Grundschulen in größerem Umfang möglich ist. Bereits jetzt werden fast 400 FsJler in der Schulbegleitung eingesetzt, davon rund 150 an den Grundschulen. Ich freue mich, dass die Bürgerschaft dafür jetzt 2,5 Millionen Euro freigegeben hat. Mit diesem Geld können wir weitere bis zu 150 schulische Assistenzen finanzieren. Ich verbinde damit drei Ziele: Eine zusätzliche Unterstützung der Pädagoginnen und Pädagogen bei vielen pädagogisch-praktischen Tätigkeiten im Schulalltag wie beispielsweise Projektwochen, Schulausflügen, Klassenreisen und Schulfesten, die gezielte Schulbegleitung für Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf und die Gewinnung von Nachwuchskräften für pädagogische Berufe.“
Die Schulbehörde hat deshalb Gespräche mit mehreren Trägern begonnen, die zurzeit für junge Menschen ein Freiwilliges Soziales Jahr in sozialen Einrichtungen wie Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen oder Jugendzentren organisieren. Ziel ist es, dass die Träger für interessierte und erwachsene junge Menschen an allen Hamburger Grundschulen, die das wünschen, ein freiwilliges soziales Jahr anbieten. Die nötigen Fördermittel wird die Schulbehörde im Rahmen einer Kooperation zur Verfügung stellen. Zum Gelingen wird entscheidend beitragen, ob sich genügend junge Menschen für die Aufgaben finden werden. Um Interessierte zu gewinnen, setzt die Schulbehörde auf die Mitwirkung der Schulen, die meistens über ein weitverzweigtes Netzwerk und viele Kontakte zu ehemaligen Schülerinnen und Schülern verfügen. Die Schulbehörde will die Gespräche mit den Trägern so weiterführen, dass erste Schulen bereits nach den Sommerferien Assistenzen bekommen können.
Ties Rabe: „Es gibt an unseren Schulen viele sinnvolle Einsatzmöglichkeiten für engagierte junge Menschen. Schulen sind heute nicht nur ein Ort für Unterricht und Lernen, sondern ein Ort des gemeinsamen Lernens und Zusammenlebens. Ganztagsangebote, Projektwochen, Schulausflüge, Klassenreisen und Schulfeste bieten ein vielfältiges Betätigungsfeld. Das gilt auch für die Begleitung und zusätzliche Unterstützung für Kinder mit besonderem Förderbedarf. In anderen Bundesländern ist eine solche zusätzliche Unterstützung oft schon etabliert und funktioniert gut. Wichtig ist, dass die schulischen Assistenten die Pädagoginnen und Pädagogen der Schule zusätzlich unterstützen, nicht aber ersetzen sollen. Die großzügigen Personalmittel werden in vollem Umfang weitergeführt.“
Rabe weiter: „Zusätzlich verbinde ich mit diesem Projekt die Hoffnung, dass viele junge Menschen ihre Erfahrungen als Schulassistenz an einer Schule zum Anlass nehmen, sich für einen pädagogischen Beruf zu interessieren und nach ihrem freiwilligen sozialen Jahr Erzieherin, Erzieher, Lehrerin oder Lehrer werden wollen. Hamburg braucht gerade in diesem Bereich viele Nachwuchskräfte. Um in den nächsten Jahren den Lehrerbedarf zu decken, muss beinahe jeder zehnte Hamburger Abiturient ein Lehrerstudium beginnen.“
Hintergrund
Die Zahl der Pädagogen an den Hamburger Schulen wurde seit 2011 um rund 35 Prozent erhöht. Ein Teil der zusätzlichen Stellen wurde bewilligt, um die um rund 13 Prozent gestiegenen Schülerzahlen auszugleichen. Die meisten zusätzlichen Stellen wurden jedoch für qualitative Verbesserungen wie kleinere Klassen, kostenlose Förderangebote oder zusätzliche Lehrkräfte im Rahmen der Inklusion eingesetzt.
Gerade für die Inklusion sind die Mittel erheblich erhöht worden. So wurden insbesondere die zusätzlichen Lehrerstellen für die Inklusion seit ihrer Einführung mehr als verdoppelt. Waren 2010 noch 718 zusätzliche pädagogische Stellen für die Inklusion vorgesehen, sind es derzeit 1.515 – Tendenz steigend. Diese zusätzlichen Stellen ermöglichen individualisiertes Lernen, einen sicheren Umgang mit herausforderndem Verhalten und einen höheren Betreuungsschlüssel in Unterrichtssituationen. Weiterhin erhalten die Schulen für jedes einzelne Kind, also auch für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die allgemeine Personalressource zur Sicherstellung des Unterrichts und des Schulbetriebes.
Im Rahmen der Inklusion wurden auch die Mittel für die Schulbegleitungen um das Fünffache auf zurzeit 15 Millionen Euro pro Jahr gesteigert. Während die rund 1.500 zusätzlichen Pädagogen für die Inklusion sich in erster Linie auf den Bereich der Erziehung und der Lernförderung für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf konzentrieren, leisten die Schulbegleitungen Hilfestellungen bei alltäglich-lebenspraktischen Aufgaben. Sie unterstützen Schülerinnen und Schüler mit erhöhtem Unterstützungsbedarf beispielweise bei der Bewältigung von Hindernissen wie Treppenstufen, auf dem Schulhof und dem Schulweg, beim Toilettengang oder beim Umziehen vor dem Sportunterricht. Es handelt sich also überwiegend nicht um pädagogische Arbeiten im engeren Sinne, sondern um die Bewältigung des Schulalltags. Nur in besonderen Fällen, zum Beispiel bei der Begleitung von Schülerinnen und Schülern mit einer komplexen psychosozialen Beeinträchtigung, wird speziell pädagogisch ausgebildetes Personal im Rahmen der Schulbegleitung beschäftigt.
Der Umfang der Schulbegleitung selbst wurde seit Einführung der Inklusion von rund 460 unterstützten Kindern auf 1.874 im Schuljahr 2016/17 deutlich ausgebaut. Damit einher ging eine Erhöhung der Ausgaben um mehr als das Fünffache: Von rund 3 Millionen Euro im Jahr 2011 auf 15,43 Millionen Euro im Jahr 2017. Seither liegen die Ausgaben auf vergleichbar hohem Niveau. Der Anstieg der Schulbegleitungen ist damit doppelt so stark wie der Anstieg der Zahl von förderbedürftigen Schülern an den allgemeinen Schulen, der sich im selben Zeitraum in etwa um das 2,5-fache gesteigert hat.
Schülerinnen und Schüler, die wegen ihrer schweren Entwicklungsbeeinträchtigung in den Bereichen der geistigen, der körperlich-motorischen oder der emotionalen und sozialen Entwicklung eine besondere Unterstützung brauchen, haben einen Anspruch auf Schulbegleitung. Zur Entlastung der Eltern und Sorgeberechtigten hat die Schulbehörde das Verfahren deutlich vereinfacht. Früher mussten die Eltern selbst einen Antrag auf Schulbegleitung stellen, das Genehmigungsverfahren begleiten und zudem nach erfolgter Genehmigung eine Schulbegleitung suchen. Insbesondere der letzte Punkt hat dazu geführt, dass trotz Bewilligung in zahlreichen Fällen keine Schulbegleitung zu Stande kam. Heute wird all dies zentral durch die Schule in Zusammenarbeit mit dem Regionalen Bildungs- und Beratungszentrum (ReBBZ) und der Schulbehörde geleistet. Seit dem Schuljahr 2014/15 besteht zudem ein vereinfachtes Verfahren bei der Bewilligung von Schulbegleitungsleistungen, mit dem zum ersten Mal hamburgweit die gleichen Maßstäbe bei der Bewilligung angelegt werden. Dauer und Umfang der Schulbegleitung richten sich dabei nach dem individuellen Bedarf. Dieses bewährte Verfahren wird unverändert fortgeführt und durch die schulischen Assistenten ergänzt.
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