Seit 1958 sind Hamburg und Marseille als Partnerstädte eng verbunden. Vom 13. bis 16. Oktober war ich Teil einer Delegation von Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft, die unter Leitung von Präsidentin Carola Veit nach Frankreich gefahren ist. Ziel der Reise war es, die Freundschaft unserer Städte zu vertiefen und den Austausch zu aktuellen Themen und gemeinsamen Werten zu intensivieren.
In zahlreichen Gesprächen und Vor-Ort-Terminen ging es um die politische Situation in Marseille vor den Kommunalwahlen im kommenden Jahr, Fragen der Stadtentwicklung in sozial schwächeren Stadtteilen und Impulse aus dem Kulturbereich. Die gemeinsame Erinnerungskultur war ein weiteres zentrales Thema der Reise: Bei einem gemeinsamen Stadtrundgang informierten wir Delegationsmitglieder uns über die Zeit der deutschen Besatzung und Kollaboration sowie aktuelle Formen des Gedenkens in Marseille.
Weitere Informationen finden Sie unten in einer Pressemitteilung der Hamburgischen Bürgerschaft.






Bilder: Hamburgische Bürgerschaft
Delegationsreise stärkt Partnerschaft mit Marseille

17. Oktober 2025 Nach drei Tagen in Hamburgs Partnerstadt Marseille ist eine Delegation der Hamburgischen Bürgerschaft unter Leitung von Präsidentin Carola Veit nach Hamburg zurückgekehrt. Ziel der Reise war es, die seit 1958 bestehende Städtepartnerschaft zu vertiefen und den Austausch zu aktuellen Themen und gemeinsamen Werten zu intensivieren.
Austausch mit Vizebürgermeisterin und Abgeordneten
In Gesprächen mit der ersten Vizebürgermeisterin Michèle Rubirola sowie Vertreter:innen aus Stadtrat und Nationalversammlung informierte sich die Delegation über die aktuellen politischen Entwicklungen in Marseille und die Vorbereitungen auf die Kommunalwahlen 2026. Strategien für sozial gerechte Stadtentwicklung und Konzepte für medizinische Versorgungszentren kamen ebenso zur Sprache wie Unterschiede in der Verteilung politischer Kompetenzen in beiden Ländern.
In allen Gesprächen kamen die zentralen Herausforderungen für die Stadt zum Ausdruck: Neben der Vermittlung von Arbeitsplätzen, der Einsparung von Emissionen und dem Wohnungsbau ist der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs ein wichtiges Anliegen der Politiker:innen in Marseille. Hierbei müssten alle Institutionen zusammenarbeiten, was durch aufgeteilte Zuständigkeiten mit jeweils unterschiedlichen Mehrheiten erschwert wird. Vizebürgermeisterin Rubirola erklärte, dass die Demokratie niemals fertig sei, wir müssten auf allen Ebenen daran arbeiten – auch im Austausch zwischen Frankreich und Deutschland.
Erinnerungskultur im Fokus
Die gemeinsame Erinnerungskultur war ein weiteres zentrales Thema der Reise: Bei einem gemeinsamen Stadtrundgang informierten sich die Delegationsmitglieder über die Zeit der deutschen Besatzung und Kollaboration sowie aktuelle Formen des Gedenkens in Marseille. Die Unterdrückung der Jüdinnen, Juden, Roma und politischen Gegner zur Zeit des Vichy-Regimes und die Verfolgung und Deportation durch die Nationalsozialist:innen sowie die umfangreichen Razzien und Sprengungen erheblicher Teile der Stadt haben bis heute sichtbare Spuren in Marseille hinterlassen.
Über Marseille verliefen zentrale Fluchtrouten in den vierziger Jahren, unter anderem für Herbert und Elsbeth Weichmann, Max Ernst, Walter Benjamin und Hannah Arendt. Dass letztlich nur wenige es schafften, vor den Nationalsozialist:innen zu fliehen, während Zehntausende über absurde Transportrouten zurück durch Europa geschickt und vernichtet wurden, ist ein Aspekt, der in der Gedenkstätte „Musée des Deportations“ bearbeitet wird. Nicht wenige wurden im Jahr 1944 schließlich nach Neuengamme deportiert. Einer von Ihnen, William Carr, sagte 1947 als Zeuge gegen die Nazis in Hamburg aus.
Deutsch-französische Jugendarbeit und innovative Stadtentwicklung
Bei einem Besuch der Organisation „Une Terre Culturelle“ (UTC) im Norden von Marseille erfuhren die Mitglieder der Bürgerschaft mehr über die interkulturelle und insbesondere deutsch-französische Jugendarbeit in Nachbarschaften mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen. Dabei berichteten junge Bildungsbotschafter:innen aus Marseille von ihrer Vermittlungsarbeit. Sie animieren andere Jugendliche an den Austauschprogrammen teilzunehmen und diese mitzugestalten. Junge Erzieher:innen werden von UTC gemeinsam mit dock Europe e.V. nach Marseille eingeladen, damit sie sich als zukünftige Multiplikator:innen für die Deutsch-Französische Freundschaft ein Netzwerk aufbauen und künftig selbst Austausche initiieren können.
In „Smartseille“, einem zu einem modernen Quartier umgestalteten ehemaligen Quartier rund um eine Gasfabrik informierte sich die Delegation über neue Ansätze nachhaltiger Stadtplanung. Digitale und analoge Concierges sorgen mit Grünflächen, Kindergärten, Schulen und Communityflächen auf kleinem Raum für sozialen Zusammenhalt in dem Quartier, das Sozialwohnungen, Eigentum sowie Büros zum Mieten und Kaufen anbietet.
Zeichen für Zusammenhalt und gegenseitiges Verständnis
Präsidentin Carola Veit zog ein positives Fazit der Reise: „Dieser Besuch hat unsere Freundschaft mit Marseille vertieft, in zahlreichen Gesprächen haben wir die Perspektive unserer Partner kennengelernt und viele Gemeinsamkeiten festgestellt. Genau wie unsere Partnerstadt am Mittelmeer bewegen uns Hamburger nachhaltige Visionen für unseren Hafen und die umliegenden Stadtteile, auch wir wünschen uns einen stabilen sozialen Zusammenhalt. Beim Hitzeschutz und bei der Kulturförderung kann uns Marseille ein gutes Vorbild sein, genau wie unsere Partner müssen wir auf nationaler Ebene um politische Mehrheiten ringen und für Konsens und Zusammenarbeit werben.
Die Deutsch-Französische Freundschaft ist eine einzigartige Verbindung, die wir gerade in diesen Zeiten auf allen Ebenen stärken sollten. Sie ist vom intensiven Austausch in vielen Bereichen, von der Schule bis zur Bundeswehr, vom Kino bis zum Parlament stark ausgeprägt. Gerade in herausfordernden Zeiten ist der direkte Austausch zwischen den Städten ein starkes Zeichen für Zusammenhalt und gegenseitiges Verständnis.“
Neben Präsidentin Veit nahmen Astrid Hennies, Regina-Elisabeth Jäck und Lena Otto (SPD), Prof. Dr. Michael Becken (CDU), Dominik Lorenzen und Parica Partoshoar (Grüne), Marie Kleinert (Die Linke) sowie Benjamin Mennerich (AfD) an der Reise teil.